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Thema: Adobe – zwischen Monopol, Workflow-Falle, Kreativmythen und echten Alternativen.
Stil: direkt, klar, anwendbar. Keine Heiligenverehrung, nur Resultate.



Vorspiel: Warum dieser Text weh tun wird

Du arbeitest vielleicht seit Jahren mit Adobe. Deine Shortcuts sitzen, deine Aktionen laufen, deine Ordner atmen PSD. Genau deshalb wird’s hier unangenehm: Nicht weil Adobe „schlecht“ ist – sondern weil Gewohnheit teurer ist als jede Lizenz. Dieser Text ist ein Reset-Knopf. Er zeigt dir, wo Adobe dich Zeit, Fokus und kreative Energie kostet, und baut dir konkrete Alternativen – modular, schneller, robuster. Kein Dogma. Nur Output.

Leitfrage: Wenn ich heute neu starten würde – würde ich mir freiwillig dieselben Ketten wieder anlegen?


1) Der große Rahmen: Was Adobe sehr gut kann – und wo es dich bremst

1.1 Adobe ist stark in …

  • Ökosystem: Photoshop + Lightroom + Illustrator + InDesign + After Effects + Premiere + Fonts + Libraries + Stock. Alles greift irgendwie ineinander.
  • Branchenakzeptanz: .PSD, .AI, .INDD – überall verstanden. Kunden, Agenturen, Druckereien: „Schick’s als PDF/X-…“ – läuft.
  • Tiefe & Breite: Von Retusche bis VFX – du findest ein Tool.
  • Community & Assets: Aktionen, Presets, Plugins, Tutorials im Überfluss.

1.2 Adobe bremst dich bei …

  • Start-/Renderzeiten & UI-Schwere: Viel Legacy, viel Ballast. Jede Aktion schwimmt durch Sirup.
  • Abo-Zwang & Lock-in: Du mietest Tools und Datenformate. Abbruch = Stress.
  • Komplexität > Klarheit: Für viele Jobs brauchst du 10% der Features – der Rest lenkt ab.
  • KI als Marketing: Einige „magische“ Features sparen Zeit – andere erzeugen nur neue Fehler.

Kernaussage: Adobe ist ein Schweizer Messer. Du brauchst oft ein Skalpell.


2) Zeit ist die eigentliche Währung: Wo Stunden verschwinden – und wie du sie zurückholst

2.1 Lightroom-Kataloge: Komfort mit Bleigürtel

Symptom: Lange Import- und Vorschauzeiten, träge Suche, hängende Masken.
Ursache: Monolithischer Katalog, Vorschau-Cache, Nebenläufigkeit.

Gegenplan (je nach Use-Case):

  • Capture One Sessions für Produktionen/Jobs (schnell, portabel).
  • Lightroom-Kataloge splitten (pro Jahr/Projekt), Smart-Vorschauen nutzen, GPU prüfen, Cache regelmäßig leeren.
  • Photo Mechanic fürs Culling (rasend schnell), danach nur die Keeper importieren.

2.2 Photoshop-Overkill

Symptom: Du springst für jede Kleinigkeit in PS.
Gegenplan: 80% global in Camera Raw/Lightroom (parametrisch, rückgängig), PS nur für Pixelchirurgie (D&B, Compositing, Liquify, präzise Masken, Typo/Mockups).

2.3 Export-Hölle

Symptom: Manuell, jedes Mal neu.
Gegenplan: Export-Presets (LR), Image Processor Pro / Generator / Artboards (PS), Watch-Folder (Automator/PowerToys). Einmal denken, immer profitieren.

2.4 Color-Grading per Gefühl

Symptom: Unreproduzierbare Looks, Hauttöne kippen.
Gegenplan: Profil → Kurven → Farbbalance/HSL → LUT als modulare Kette, Versionen dokumentieren. Display P3 am Monitor, sRGB fürs Web, Proof fürs Printziel.

2.5 KI als Krücke

Symptom: „Generatives Füllen“ für alles. Ergebnisse: Artefakte, Schmieren, Stilbruch.
Gegenplan: KI für Hintergrund, Entstören, Outpainting, Prototyping – nicht für Motive/Anatomie. Jede KI-Ebene benennen (Nachvollziehbarkeit) und Content Credentials optional mitspeichern.


3) Kosten-Realität: Rechne kalt – nicht romantisch

PostenAdobe CC Foto (PS+LR)Adobe All AppsAlternativen-Stack
Monat~ 12–15 €~ 60–70 €0–30 € (gemischt: Affinity einmalig, C1 Abo/Perp.)
3 Jahre~ 450 €~ 2.400 €~ 150–700 €

Versteckte Kosten:

  • Zeitverlust (Startzeiten, Bugs, Render).
  • Schulung/Onboarding neuer Teammitglieder.
  • Lock-in: Wechselkosten explodieren, je später du umsteigst.

Merksatz: Die teuerste Software ist die, die dich bremst.


4) Lock‑in entzaubert: Formate & Wege raus

4.1 Dateiformate als Fessel

  • PSD/PSB: de facto Standard, aber proprietär.
  • AI/INDD: hoch proprietär.

4.2 Ausbruchswerkzeuge

  • TIFF/EXR/PNG/SVG/PDF/X: breite Kompatibilität.
  • Affinity importiert PSD/AI erstaunlich gut und exportiert sauber.
  • Figma für Kollaboration/UI, Inkscape für Vektor, Scribus für Layout.

Regel: Master in offenem Format, Delivery zielgenau. So bleibt dein Archiv zukunftssicher.


5) Praxisfälle: So sieht „schneller, besser, freier“ aus

5.1 People/Beauty (Fotografie)

Früher: LR → PS (FS-Aktion) → manuelle Exports.
Heute: Culling in Photo Mechanic → RAW in Capture One/ACR (Maske fürs Gesicht, Color Wheels, Denoise) → PS nur für D&B + Liquify als Smartfilter → Export Presets.
Effekt: Weniger Ebenen, natürlicheres Ergebnis, 30–50% schneller.

5.2 E‑Com/Produkt

Früher: Pen-Tool, Hintergrund bauen, stapeln.
Heute: „Objekt auswählen“ → „Auswählen & Maskieren“ → globales Farbmapping (HSL/Selective Color) → Generator exportiert alle Varianten automatisch.
Effekt: von Stunden auf Minuten.

5.3 Editorial/Compositing

Früher: Riesige PSDs, Hand‑Versionierung.
Heute: Linked Smart Objects, Ebenen-Disziplin (Prefixe), Looks als LUT, Artboards für Layoutvarianten, Versionierung via Cloud/VC.
Effekt: Teamfähig, reproduzierbar, fehlerarm.

5.4 Social „24 Varianten bis 17 Uhr“

Setup: Master-Template (Artboards 1:1, 4:5, 9:16), Texte als Absatz-/Zeichenstile, Export Presets (sRGB, 1080/1350/1920 px).
Effekt: 1 Klick = 6 Assets.


6) Farbmanagement ohne Mythos

  1. Kamera/RAW: ProPhoto/Linear → maximales Spektrum.
  2. Monitor: Kalibriert, Display P3 oder AdobeRGB.
  3. Arbeitsraum: PS: AdobeRGB oder ProPhoto; LR/ACR intern sehr breit.
  4. Softproof: Auf Zielprofil (Druckerei/Papier).
  5. Export: Web = sRGB, Print = PDF/X mit eingebettetem Profil.
  6. Konstanz: Immer Profile einbetten, Auto-Konvertierungen vermeiden.

Goldene Regel: Größer arbeiten, kleiner liefern.


7) KI & Ethik: Was du wissen solltest

  • Herkunft der Trainingsdaten: Rechtlich unklar = Reputationsrisiko.
  • Manipulationen kennzeichnen: Content Credentials (C2PA) als Option.
  • Corporate Policies: Viele Kunden verlangen Kennzeichnung – plane das ein.
  • Designprinzip: KI = Assistent, nicht Regisseur. Du bleibst der Stil.

8) Performance-Check: Wenn’s ruckelt, stirbt die Muse

  • GPU aktivieren, aktueller Treiber.
  • Scratch-Disk auf schnelle SSD, 100+ GB frei.
  • Cache Levels: 4–6 für große Dateien.
  • PSB statt PSD > 2 GB.
  • RAM-Quote in PS sinnvoll (70–80%).
  • Linked statt eingebettet bei Teamarbeit.
  • Katalog optimieren (LR), Vorschaugrößen smart einstellen.

9) Dein 30‑Tage‑Plan aus der Adobe‑Falle (ohne Jobrisiko)

Woche 1 – Inventur & Hygiene

  • Tools/Presets/Plugins auflisten.
  • Export-Presets definieren (Web/Print/Social).
  • Ordnerstruktur anlegen: _00_INPUT, _10_WORK, _20_EXPORT, _99_ARCHIVE.

Woche 2 – Modulare Alternativen testen

  • Capture One vs. LR an 1 realen Job.
  • Affinity Photo/Designer/Publisher an 1 Layout/Logo.
  • Photo Mechanic fürs Culling.
  • Ergebnis messen: Zeit bis Abgabe, Fehlerquote, Zufriedenheit.

Woche 3 – Automatisieren

  • Aktionen für D&B-Setup, Smartobjekt-Export, Artboard-Exports.
  • In LR/C1: Presets + Stapel-Export.
  • Watch-Folder/Automator für wiederkehrende Größen.

Woche 4 – Umsatteln, wo es Sinn macht

  • Projekte identifizieren, die ohne Adobe schneller sind.
  • Master-Formate auf TIFF/SVG/PDF umstellen.
  • Team briefen, Dokumentation schreiben.

Ergebnis: 10–40% Zeitersparnis bei gleichbleibender Qualität (oft höher).


10) FAQ für die Realität da draußen

„Mein Kunde will PSD/AI.“
Liefern – aber intern offen arbeiten (TIFF/SVG), erst am Ende nach PSD/AI exportieren (Affinity kann’s gut).

„Ich brauche Adobe für Druckvorstufe.“
PDF/X-4 bleibt Standard. Affinity Publisher exportiert sauber, alternativ InDesign nur als Output-Stufe nutzen.

„Plugins fehlen mir.“
Frage: Brauchst du sie – oder waren sie Gewohnheit? Viele Looks sind mit Kurven/HSL/LUT reproduzierbar.

„Team ohne Adobe?“
Figma/Affinity/Capture One + gemeinsame Libraries/Cloud – funktioniert. Mischbetrieb ist normal.


11) Taktische Rezepte (sofort anwendbar)

11.1 Haut – schnell & sauber

  • Zwei Kurven (hell/dunkel), invertierte Masken.
  • Fluss 2–4%, weicher Pinsel, 100% Zoom.
  • Healing/Remove nur punktuell.
  • Liquify als Smartfilter.
  • Export: 16‑Bit Master → sRGB Web-JPG.

11.2 Freisteller – Haare ohne Drama

  • Objekt auswählenAuswählen & MaskierenKante verbessern.
  • Ausgabe: Ebenenmaske.
  • Halos: Farben dekontaminieren, Kante verschieben.

11.3 Farbstabilität in Serien

  • Master-Foto finalisieren.
  • Einstellungen synchronisieren (LR/C1) inkl. Masken.
  • QA: Zwei Hauttöne messen, Delta-E klein halten (visuell reicht).

11.4 Social-Template in 20 Minuten

  • Artboards (1:1, 4:5, 9:16).
  • Textstile definieren.
  • Generator mit Layernamen asset_1080.jpg, story_1080x1920.jpg etc.
  • Einmal Setup, täglich Zeitschenker.

12) Alternativen-Stack nach Disziplin

Fotografie (RAW → Final):
Photo Mechanic (Culling) → Capture One/ACR (RAW) → Photoshop/Affinity (Retusche/Compositing) → Export-Automation.

Grafik/Branding:
Affinity Designer (Vektor/SVG/PDF) → Publisher (Layout) → Export PDF/X. Figma für kollaboratives UI.

Video/Motion:
DaVinci Resolve für Edit+Color (kostenlos!) → After Effects nur für Spezial-VFX (oder Fusion, wenn frei).

Illustration/Digital Paint:
Krita/Clip Studio/Affinity Photo. Datei als TIFF/PSD kompatibel halten.


13) Sicherheit, Recht, Zukunft

  • Datenschutz: Cloud-Sync nur, wenn Kundenfreigabe vorliegt. Lokale Arbeitsordner + verschlüsselte Backups.
  • Lizenzen: Fonts/Bilder eindeutig klären; Adobe Stock nicht mit exklusiven Nutzungen verwechseln.
  • C2PA/Content Credentials: Optional integrieren, wenn Transparenz gefordert ist.
  • Zukunft: Lokale KI-Modelle werden leichter (Low-VRAM), Farbmanagement wandert Richtung Display P3 als Web-Standard, Workflows werden hybrid (Adobe + Alternatives).

14) Mentale Hygiene: Du bist nicht deine Software

Tools sind Vehikel. Deine Marke ist der Blick, nicht das Programm. Wer flexibel bleibt, veraltet nicht. Wer an Ikonen klebt, verwächst mit ihnen.

Mantra: Wähle das Werkzeug, das heute am meisten Output bringt – nicht das, das gestern Ruhm hatte.


15) Schlussakkord – realistisch, nicht religiös

Adobe ist nicht der Feind. Es ist ein großes Werkzeug, das in vielen Jobs überdimensioniert ist. Hör auf, Zeit zu verbrennen – indem du bewusst entscheidest:

  • Wo bringt Adobe dir Geschwindigkeit und Sicherheit?
  • Wo blockiert es dich?
  • Welche offenen Formate und modularen Tools halten dich beweglich?

Wenn du diese Fragen ehrlich beantwortest, entsteht ein Workflow, der leichter, schneller, günstiger ist – und deine Kunst nicht in Lizenzbedingungen erstickt.


16) Appendix – Checklisten zum Ausdrucken

A) Projekt-Start (5 Minuten)

  • Ordner: _00_INPUT, _10_WORK, _20_EXPORT, _99_ARCHIVE ✔️
  • Farbmanagement: Monitor kalibriert? Arbeitsfarbraum gewählt? ✔️
  • Export-Presets geprüft (Web/Print/Social) ✔️
  • Versionierung (V01, V02…) ✔️

B) RAW → Final (Kurzstrecke)

  1. Culling (PM) → 2. Grundentwurf (C1/LR) → 3. Retusche (PS/Affinity) → 4. Look (LUT/Curves) → 5. Export (Batch).

C) Adobe-Detox (30 Tage)

  • Woche 1: Inventur, Presets, Struktur.
  • Woche 2: Alternativen parallel.
  • Woche 3: Automationen.
  • Woche 4: Master-Formate umstellen.

Kurzfazit: Hör auf, Zeit mit Adobe zu verschwenden – wenn es dich bremst. Nutze es, wo es dich beschleunigt. Der Unterschied heißt: bewusste Architektur statt Gewohnheitskult.


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