„Ein Bild ist erst dann fertig, wenn es gedruckt wurde.“ Diese Aussage trifft den Kern der kreativen Fotografie – ein Foto lebt auf Papier. Viele Fotograf*innen belassen es bei digitalen Dateien oder Abzügen auf standardisiertem Fotopapier (glänzend oder matt). Selbst drucken bietet jedoch weitaus mehr: echte Kontrolle, haptische Wertigkeit und potenziell hohe Kunstqualität – wenn man die notwendigen Schritte kennt. Hier erfahren Sie, worauf es ankommt. 🎨


Warum du wirklich selbst drucken solltest

  • Materialvielfalt statt Massenabzug
    Druckdienstleister setzen meist nur glattes Hochglanz- oder mattes Papier ein – aus Effizienzgründen. Dabei entscheiden Struktur, Saugfähigkeit und Papierfarbe stark über Bildanmutung und Haptik. Mit eigenem Drucker wählst du genau das Papier, das das Werk verdient.
  • Bewusstes Erleben für Betrachter
    Gedruckte Bilder laden zu bewusstem Hinsehen ein. Selbst hochwertige Fotobücher haben laut Alexander Heinrichs eine zehnfach höhere Verweildauer pro Bild im Vergleich zur Tablet-Betrachtung erfahren – Aufmerksamkeit, die sich auszahlt.
  • Teil des Schaffensprozesses
    Die Druckvorbereitung – von Papieraussuchung bis Softproof – bedeutet künstlerische Kontrolle über den finalen Ausdruck. Es ist vielmehr ein kreativer Akt als ein technischer Nebenschritt.

Technik & Vorbereitung

1. Der passende Drucker

Ein professioneller Fotodrucker ist Pflicht. Anders als Standarddrucker, die meist mit vier Patronen arbeiten, verfügen hochwertige Fotodrucker über acht oder mehr Tintenkanäle für feinste Farbübergänge und differenzierte Tonwerte.

2. Monitorkalibrierung

Ein Bild kann nur dann korrekt gedruckt werden, wenn es auf dem Monitor realitätsgetreu angezeigt wird. Die regelmäßige Kalibrierung des Bildschirms mit einem Colorimeter und die Erstellung eines ICC-Profils sorgen dafür, dass die Monitorfarben den tatsächlichen Farbwerten entsprechen. Ideal: Hardwarekalibrierte Monitore (z. B. Eizo CG-Reihe) mit eingebautem Sensor.

X-Rite i1Studio – Kalibrierung

3. Farbprofil & Farbraum

Fotografiert man im RAW-Format, entscheidet man bei der Bearbeitung über den Farbraum:

  • sRGB für Standardmonitore
  • Adobe RGB bei Wide-Gamut-Displays
    Wichtig: Nutze nur den Farbraum, den dein Monitor auch darstellen kann: Unsichtbares kann nicht bearbeitet werden.

4. ICC-Profile für Drucker & Papier

Hersteller pflegen ICC-Profile für verschiedene Papiersorten. Downloaden, installieren, und im Druckdialog anwenden. Profile beziehen sich auf genau definierte Material-Drucker-Kombinationen.

Hahnemühle ICC-Profile Download

5. Softproofing für Vorschau

Simuliere das Druckergebnis im Bildbearbeitungsprogramm (Photoshop, Lightroom): Weißpunkt, Tonwert und Farbumfang (Gamut) lassen sich vorab einschätzen – kritische Farbbereiche werden markiert.

Softproof in Lightroom erklärt


10 praktische Tipps für perfekte Ausdrucke

  1. Kolorimeter regelmäßig einsetzen
    Minimiere Farbverschiebungen (Delta-E). Nutze X‑Rite oder Datacolor-Kolorimeter – einfache Schritt‑für‑Schritt-Guides gibt’s online.Datacolor SpyderX
  2. Monitorkalibrierung im Licht-Setup durchführen
    Stelle Monitor bei Tageslichteinfall auf D65/6500 K und 80–120 cd/m² ein. Normlicht hilft bei finalem Vergleich.
  3. Farbraum sinnvoll auswählen
    Nur einsetzen, was sichtbar ist – sRGB für Standard, AdobeRGB für breites Spektrum.
  4. Nur echte ICC‑Profile nutzen
    Lade Profil vom Papierhersteller – installiere in Systemverzeichnis für Photoshop/Lightroom.
  5. Druckdialog richtig einstellen
    • Farbverwaltung durch Software aktivieren
    • ICC-Profil auswählen
    • Renderintent: Perzeptiv für Fotos, Relativ farbmetrisch für Illustrationen
    • Tiefenkompensation aktivieren (besonders bei SW)
  6. Softproof aktiv nutzen
    „Ausdruck simulieren“ aktivieren, Gamut-Warnung anzeigen, Papierweiß und Schattenverhalten prüfen.
  7. Papierprobe machen
    Drucke ein Testbild (auch Patchtest) auf verschiedenen Papierarten: Struktur, Weißwert, matte vs glänzende Fläche vergleichen.
  8. Unikate schaffen
    Nutze Fine-Art-Papiere, Baumwolltexturen, Handschöpfung oder beschichte eigenes Papier (z. B. mit Ilford Creative Emulsion) für besondere Präsenz.Ilford Creative Emulsion Info
  9. UV-/Lichtschutz beachten
    Rahmung ohne Glas schützt Farbverfälschungen nicht – Verwende museumsgerechte Passepartouts und säurefreie Materialien.
  10. Kosten im Blick behalten
    Originaltinte ist teuer. Refill-Patronen können helfen, aber verlangen häufig eigene ICC-Profile.

Fazit

Selbst drucken heißt: das Werk vollenden. Mit geeigneter Technik, korrekter Kalibrierung und dem passenden Papier entwickelst du Ausdrucke, die digital nicht erreicht – farblich treu, hochklassig, einzigartig. Es ist ein kreativer und professioneller Schritt, der den Unterschied macht – technisch und emotional.


Nützliche Ressourcen & weiterführende Links

Mit diesem Wissen bist du bestens gerüstet, um deine Fotografien nicht nur sichtbar, sondern erlebbar zu inszenieren – mit Ausdruckskraft, Individualität und künstlerischer Tiefe. Viel Freude beim Drucken und Staunen!