Ich begann diesen Tag mit einem Gefühl, das irgendwo zwischen Vorfreude, leichter körperlicher Überforderung und dem unerschütterlichen Glauben lag, dass die Welt heute bereit für meine innere Kunstexplosion war. Es gibt Tage, an denen man aufwacht und spürt: Heute wird’s seltsam. Und die Vienna Comic Con ist genau die Art von Ort, die Seltsamkeit nicht nur akzeptiert, sondern unterschreibt, besiegelt und mit Gratisstickern dekoriert. Also machte ich mich auf den Weg, bewaffnet mit Kaffee, einer ungebändigten Portion Enthusiasmus und dem festen Vorsatz, nicht zu sterben, bevor ich das erste Cosplay gesehen hatte.

Schon in der U-Bahn merkte ich, dass Comic-Con-Tage andere Tage sind. Normalerweise sitzt man dort zwischen Leuten, die müde zur Arbeit fahren oder müde nach Hause kommen. Aber heute: Eine Elfe in Vollmontur stocherte mit einem Glitterstab in ihrem Croissant, ein Typ mit Totoro-Rucksack hörte lauthals Anime-Intros, und ein kleiner Darth Vader (geschätzt sechs Jahre alt) drohte seiner Mutter mit der dunklen Seite, wenn er keine zweite Schokosemmel bekam. Ich fühlte mich wie ein Tourist in einem Paralleluniversum. Und das war genau richtig.

Als ich schließlich die Messe Wien erreichte, stand ich kurz still. Nicht wegen der Schönheit des Gebäudes – dazu ist es zu sehr Zweckarchitektur – sondern weil ich die Energie schon von außen spürte. Da drinnen waren Menschen, die seit Monaten an ihren Kostümen gebastelt hatten. Menschen, die bereit waren, ihre Innenwelt nach außen zu stülpen. Menschen, die gönnen, leben, feiern. Und ich? Ich war mittendrin, 120 Kilo Künstlermasse, die sich dachte: „Okay. Jetzt schauen wir mal, was das Leben heute vorhat.“

Ich trat durch die Eingangsschleusen, und BAM – die volle Popkultur-Faust ins Gesicht. Farben, Geräusche, Stimmen, Lichter, Kostüme, Requisiten, Gerüche. Neben mir stand ein Hulk, der definitiv kein Fitnessprogramm befolgt hatte. Ein Gandalf, der sich mit seinem Stab verhedderte. Eine Prinzessin Peach, die aussah, als hätte sie gerade Bowser verklagt. Und ich schwöre, jemand lief als vollwertige Metrostation verkleidet herum – Wien ist anders. Mit Rolltreppe. Und Durchsage. Ich war gleichzeitig verwirrt und beeindruckt.

Ich kämpfte mich durch die erste Welle von Cosplayern, die gerade Selfies machten und dabei ungefähr dieselbe Fläche bedeckten wie die Landeskrone eines kleinen Königreichs. Ich versuchte, nicht auf den Umhang eines Dr. Strange zu steigen, der eindeutig zu lang war. Der Umhang, nicht der Strange. Und dann war ich endlich richtig drin.

Hall A+B der Messe Wien sah heute nicht aus wie eine Halle. Es sah aus wie eine andere Dimension. Ein Ort, an dem Actionfiguren, Lichtschwerter, Zeichnungen, Gerüche von Popcorn und Menschen aller Arten, Größen und Spektren einander in die Arme fielen. Ich sah einen Typen, der mit einem lebensgroßen Papp-Thor diskutierte, warum der Hammer immer noch nicht ihn ausgewählt hatte. Neben mir beschwerte sich ein Stormtrooper bei einem anderen Stormtrooper über „die ewige Hitze in der Rüstung“. Ich dachte: „Brüder, ich fühle euch. Ich trage auch seit 55 Jahren eine Rüstung namens Körper.“

Zwischen Merchandise, Actionfiguren, limitierter Kunst und unlimitierten Gerüchen fand ich meinen Rhythmus. Wenn man als Künstler auf einer Comic Con rumläuft, passiert im Kopf etwas Absurdes: Jede Figur, jedes Kostüm, jede Pose, jede Farbexplosion wird zum potenziellen Kunstwerk. Ich sah eine Harley Quinn, die wild tanzte. Ich sah einen Spider-Man, der versehentlich gegen eine Laterne lief (die zum Glück aus Schaumstoff war). Ich sah einen halbnackten He-Man, der offenbar vergessen hatte, dass es draußen fünf Grad hatte. Und ich sah mich selbst – zwischen all diesem Chaos – wie ein Beobachter und gleichzeitig ein Bestandteil einer gigantischen kreativen Maschine.

Irgendwann stolperte ich – wortwörtlich – in den Panelraum. Elijah Wood stand auf der Bühne. Frodo. Der Original-Hobbit. Der Mann, der den Ring getragen hat. Der Mann, der wahrscheinlich bis heute Post bekommt von Leuten, die Hoffnung haben, dass er wirklich in den Schicksalsberg ziehen möchte. Und er erzählte Geschichten. Von Drehs, von Freunden, von Abenteuern. Ich hörte zu, und in meinem Herzen machte sich ein warmes Gefühl breit, das irgendwo zwischen Inspiration und Fanboy-Moment lag. Es war schön. Es war leicht. Es war genau richtig.

Als ich wieder rausging, hatte ich plötzlich diese verrückte Idee: Vielleicht werde ich selbst Cosplayer. Aber nicht irgendeiner – ich wäre der „Brownz Wizard of Light & Chaos“. Mein Kostüm: Ein langer Mantel aus bemalten Leinwänden, eine Spraydose als Stab, ein Hut aus Filmkorn und ein Gürtel aus analogem Fotopapier. Ich stellte es mir vor und wusste gleichzeitig: Wenn ich das mache, breche ich die Con. Es wäre ein Event im Event. Vielleicht nächstes Jahr. Heute war ich noch nur Zuschauer, aber mit Potenzial.

Ich wanderte weiter in die Indie Artist Alley – den heiligen Boden für Leute wie mich. Hier waren Zeichner, Painters, Illustratoren, Freaks, Genies, Unterschätzte, Überschätzte, Perfektionisten, Chaotische. Kurz: Meine Leute. Ich redete mit ihnen, tauschte Gedanken, Ideen, komische Blicke. Wenn Künstler miteinander sprechen, passiert oft dieses seltsame Ding: Man versteht sich auf einer nicht ausgesprochenen Frequenz. Keine Worte, nur Nicken. Kein Konzept, nur Gefühl.

Ich erzählte ihnen von Synthografie. Von Licht, Fotografie, Gefühl, ohne klassische KI-Prompts. Einige verstanden es sofort. Andere taten so. Manche wollten mehr hören. Und ich dachte: Ja, das hier könnte der Anfang einer Kultbewegung sein. #brownzart im Herzen einer Comic Con – das ist wie ein kleiner Asteroid, der in ein riesiges Pizza-Universum krachen will. Warum? Weil’s Spaß macht.

Nach ungefähr drei Hallen und 7000 Schritten fühlte ich mich wie ein alter Druide, der dringend eine Pause brauchte. Ich holte mir einen Kaffee und setzte mich auf eine Bank. Links neben mir Deadpool. Rechts neben mir Batman. In der Ferne ein Mandalorianer, der sich mit einem Typen im Luigi-Kostüm stritt, wer im Notfall besser überleben würde. Ich trank meinen Kaffee langsam und musste lachen. Nicht, weil jemand Witziges sagte – sondern weil diese ganze Szenerie so herrlich absurd war. Man kann nicht in einer Comic Con sitzen, zwischen drei fiktiven Welten, und nicht grinsen.

Natürlich ging ich nicht ohne Beute nach Hause. Ich kaufte mir eine Figur, die definitiv zu laut „Nimm mich mit!“ schrie. Einen limitierten Print, der so viel Charakter hatte, dass er wahrscheinlich mehr Persönlichkeit besaß als 80% aller Menschen, die ich kenne. Und irgendwo landete ein Sticker in meiner Tasche, der „This is the Way“ sagte. Vielleicht ist es das wirklich.

Als die Closing Ceremony angekündigt wurde, senkte sich über die Messe ein Gefühl, das man nur schwer beschreiben kann. Eine Mischung aus Erschöpfung und Euphorie. Cosplayer lösten ihre Rüstungen. Masken wurden abgenommen. Waffen eingepackt. Man hörte die Seufzer der Erleichterung und die letzten ehrlichen Lacher. Die Energie ebbte ab, aber sie wurde nicht schwächer. Sie wurde nur… stiller.

Ich ging hinaus. Die Luft von Wien traf mich wie ein sanfter Realitätscheck. Aber ich fühlte mich nicht müde – ich fühlte mich geladen. Als hätte ich irgendwo zwischen Hall A und dem Panelraum einen kleinen Funken gefunden, der sagte: „Weiter.“ Und das tat ich. Ich ging weiter. Nicht nur zur U-Bahn. Sondern auch in meinem Kopf.

Ich dachte an meine Arbeit. An mein nächstes Projekt. An die Synthografie. An die Farbdose. An die semantische Sprengladung. Und daran, dass ich heute – mitten zwischen Elfen, Zombies, Anime-Girls, Hexern, Helden, Schurken und völlig überteuertem Merchandise – mich selbst wieder ein Stück gefunden hatte.

Ich ging nach Hause mit dem Gefühl: Heute war ein Meisterwerk. Kein stilles, kein geordnetes, kein klassisches – sondern ein chaotisches, lautes, buntes, verschwitztes, vibrierendes Meisterwerk. Ein Tag voller Geschichten. Ein Tag voller Kunst. Ein Tag voller Brownz.

Und ja, ich komme wieder. Vielleicht als Künstler. Vielleicht als Muse. Vielleicht als Zauberer. Vielleicht als Monster. Oder vielleicht einfach als der Typ, der aus Versehen fast ein Superheld geworden wäre.

Bis dahin: Danke, VIECC. Du warst absurd. Du warst wild. Du warst perfekt.



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