Werbe‑Porträts in Photoshop (2025): Der komplette Profi‑Workflow

Seriös, reproduzierbar, markentauglich – vom RAW bis zur Kampagnenausspielung.


1) Zielbild definieren (vor dem ersten Klick)

  • Einsatzort: Plakat, Print, Web, Social‑Ad? → bestimmt Auflösung, Schärfung, Farbprofil.
  • Markenbild: Welche Emotion (nahbar/edel/cool), welche Farbwelt (warm/kühl), wie authentisch vs. glamourös?
  • Ethik & Recht: Realistische Darstellung, Retusche transparent und nicht irreführend (siehe Linkliste).

2) Aufnahme: Qualität an der Quelle sichern

  • Licht: Großflächig, weich (Octa/Schirm + Aufheller), Catchlights für Augen.
  • Optik: 85 mm (klassisch), 50–105 mm okay; f/2–f/4 für selektive Schärfe ohne Wimpernverlust.
  • ISO niedrig, RAW, 16‑Bit‑Workflow einplanen.
  • Styling: Glänzende Haut mattieren, Haare bändigen → spart Retuschezeit.

3) RAW‑Entwicklung (Lightroom/Camera Raw)

  • Weißabgleich & Belichtung neutralisieren; Hauttöne zuerst, dann Gesamtlook.
  • Profil/Kurven: Grundkontrast, Schwarz/Weiß‑Punkte, Halos vermeiden.
  • Farbe: Sättigung moderat, Orange/Rot feindosiert für Haut.
  • Objektivkorrekturen aktivieren; Rauschen vorab glätten.
  • Als Smart Object in Photoshop öffnen (non‑destruktiv, jederzeit zurückkehrbar).

4) Retusche in Photoshop: Natürlichkeit > Weichspüler

4.1 Non‑destruktive Basis

  • Einstellungsebenen (Kurven, Gradationskurve, Selektive Farbkorrektur) + Masken.
  • Smart Objects für skalierbare/änderbare Filter.

4.2 Haut

  • Dodge & Burn (Kurven‑D&B oder 50‑%‑Grau): Mikro‑Kontraste formen statt weichspülen.
  • Spot‑Healing/Clone für temporäre Makel; dauerhafte Merkmale respektieren (Markenbild!).
  • Frequenztrennung nur subtil einsetzen (Low = Farbe/Ton, High = Textur) – Ziel ist Texturerhalt.

4.3 Augen, Mund, Brauen

  • Iris‑Kontrast leicht erhöhen (Kurve/Selektive Farbe), Klarheit sparsam.
  • Augenweiß minimal entsättigen/aufhellen (Maske eng!), keine „LED‑Augen“.
  • Zähne: Selektiv aufhellen, Farbstich neutralisieren; nicht zu weiß.

4.4 Haare & Konturen

  • Abstehende Haare entfernen (Heilen/Clone, ggf. Generative Fill).
  • Form nur dezent mit Verflüssigen (Liquify) – keine Anatomie verfälschen.

4.5 Look/Grading

  • Kurven für globalen Kontrast, Color Balance/Selektive Farbe für Markenlook.
  • Gradient Map subtil für einheitlichen Film‑Look; Hauttöne prüfen.
  • Lokale Kontraste (Lichter/Schatten) via D&B final austarieren.

5) Output‑Vorbereitung: Schärfe & Farbmanagement

  • Schärfen getrennt nach Ziel:
    • Web/Social: Smart Sharpen 0,3–0,6 px, Stärke 40–80 % (Ausgang 2–4 kpx lange Kante).
    • Print: Später, auf finaler Größe; Raster/Material berücksichtigen.
  • Farbprofil: sRGB (Web), AdobeRGB (Foto‑Druck), CMYK via Proof (Agentur/print ready).
  • Export‑Varianten: 4:5/1:1 (IG), 16:9 (Header), Plakatmaß in 300 ppi oder nach Druckvorgabe.

6) Qualitäts‑ und Compliance‑Check

  • Zoom‑Runde (100 %/50 %): Banding, Halos, falsche Kanten.
  • Haut‑Kontinuität: Textur noch sichtbar? Farbstiche eliminiert?
  • Glaubwürdigkeit: Wirkt die Retusche ehrlich?
  • Werberecht/Ethik: Retusche darf nicht versprochene Produkteffekte simulieren (z. B. Anti‑Aging‑Claims). Kennzeichnungspflichten je nach Land beachten.

7) Schneller Praxis‑Workflow (Cheat Sheet)

  1. RAW sauber entwickeln → Smart Object nach PS.
  2. Basislook: Kontrast/Farbe via Einstellungsebenen.
  3. Spot‑Retusche: Healing/Clone.
  4. Dodge & Burn mikro/makro.
  5. Optional Frequenztrennung punktuell.
  6. Haare/Liquify minimal.
  7. Grading (Kurve, Selektive Farbe, Grad‑Map).
  8. Output‑Schärfe für Kanal.
  9. Proof & Export.

8) 12 Profi‑Tipps aus der Praxis

  1. Alles auf Ebenen – nie direkt auf Pixeln malen.
  2. Referenz‑Hautpatch anlegen (kleines neutral retuschiertes Sample) → als Vergleich neben das Motiv legen.
  3. D&B mit weichem Stift, niedriger Fluss (1–5 %) → natürliche Übergänge.
  4. Frequenztrennung nur lokal (Stirn/Nasenflügel), nie „Full‑Face‑Blur“.
  5. Maske invertieren und Effekt einmalen → verhindert Überdosierung.
  6. Neutral‑Grau‑Ebene für Staub/Sensorflecken‑Check im High‑Pass.
  7. Zielmedium zuerst denken: Web‑Look ≠ Print‑Look (Schärfe/Farbraum).
  8. Aktionenset bauen: D&B‑Setups, Kurven‑Presets, Export‑Skripte.
  9. Generative Fill nur als Helfer (Haarlücken, Staub) – Look bleibt konsistent.
  10. Proof mit Markenleitfaden: CI‑Farben/Hautton‑Toleranzen gegenprüfen.
  11. Vorher/Nachher‑Layer: K‑Taste (Sichtbarkeit) → Überretusche entlarven.
  12. Juristische Fallstricke im Team klären (Kennzeichnungspflicht, Claims, ASA/CAP etc.).

Linksammlung (weiterführend)

Photoshop‑Technik (offiziell):

Vertiefende Tutorials:

Ethik & Recht (Beispiele/Auswahl, international):


Schluss

Werbe‑Porträts gewinnen, wenn Technik unsichtbar bleibt: Textur bewahren, Formen respektieren, Markenlook präzise treffen – und immer so retuschieren, dass das Bild glaubwürdig bleibt. Mit diesem Workflow bist du schnell, sauber und rechtlich auf der sicheren Seite.


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